Facta Ficta

vitam impendere vero

Nietzsche thinking

[JGB-43]

Sind es neue Freunde der „Wahrheit“, diese kommenden...

Sind es neue Freunde der „Wahrheit“, diese kommenden Philosophen? Wahrscheinlich genug: denn alle Philosophen liebten bisher ihre Wahrheiten. Sicherlich aber werden es keine Dogmatiker sein. Es muss ihnen wider den Stolz gehn, auch wider den Geschmack, wenn ihre Wahrheit gar noch eine Wahrheit für Jedermann sein soll: was bisher der geheime Wunsch und Hintersinn aller dogmatischen Bestrebungen war. „Mein Urtheil ist mein Urtheil: dazu hat nicht leicht auch ein Anderer das Recht“ — sagt vielleicht solch ein Philosoph der Zukunft. Man muss den schlechten Geschmack von sich abthun, mit Vielen übereinstimmen zu wollen. „Gut“ ist nicht mehr gut, wenn der Nachbar es in den Mund nimmt. Und wie könnte es gar ein „Gemeingut“ geben! Das Wort widerspricht sich selbst: was gemein sein kann, hat immer nur wenig Werth. Zuletzt muss es so stehn, wie es steht und immer stand: die grossen Dinge bleiben für die Grossen übrig, die Abgründe für die Tiefen, die Zartheiten und Schauder für die Feinen, und, im Ganzen und Kurzen, alles Seltene für die Seltenen. —