[JGB-293]
Ein Mann, der sagt: „das gefällt mir, das nehme ich zu...
Ein Mann, der sagt: „das gefällt mir, das nehme ich zu eigen und will es schützen und gegen Jedermann vertheidigen“; ein Mann, der eine Sache führen, einen Entschluss durchführen, einem Gedanken Treue wahren, ein Weib festhalten, einen Verwegenen strafen und niederwerfen kann; ein Mann, der seinen Zorn und sein Schwert hat, und dem die Schwachen, Leidenden, Bedrängten, auch die Thiere gern zufallen und von Natur zugehören, kurz ein Mann, der von Natur Herr ist, — wenn ein solcher Mann Mitleiden hat, nun! dies Mitleiden hat Werth! Aber was liegt am Mitleiden Derer, welche leiden! Oder Derer, welche gar Mitleiden predigen! Es giebt heute fast überall in Europa eine krankhafte Empfindlichkeit und Reizbarkeit für Schmerz, insgleichen eine widrige Unenthaltsamkeit in der Klage, eine Verzärtlichung, welche sich mit Religion und philosophischem Krimskrams zu etwas Höherem aufputzen möchte, — es giebt einen förmlichen Cultus des Leidens. Die Unmännlichkeit dessen, was in solchen Schwärmerkreisen „Mitleid“ getauft wird, springt, wie ich meine, immer zuerst in die Augen. — Man muss diese neueste Art des schlechten Geschmacks kräftig und gründlich in den Bann thun; und ich wünsche endlich, dass man das gute Amulet „gai saber“ sich dagegen um Herz und Hals lege, — „fröhliche Wissenschaft“, um es den Deutschen zu verdeutlichen.