Facta Ficta

vitam impendere vero

Nietzsche thinking

[MA-375]

Nachruhm

Auf die Anerkennung einer fernen Zukunft hoffen, hat nur Sinn, wenn man die Annahme macht, dass die Menschheit wesentlich unverändert bleibe und dass alles Grosse nicht für Eine, sondern für alle Zeiten als gross empfunden werden müsse. Diess ist aber ein Irrthum; die Menschheit, in allem Empfinden und Urtheilen über Das, was schön und gut ist, verwandelt sich sehr stark; es ist Phantasterei, von sich zu glauben, dass man eine Meile Wegs voraus sei und dass die gesammte Menschheit unsere Strasse ziehe. Zudem: ein Gelehrter, der verkannt wird, darf jetzt bestimmt darauf rechnen, dass seine Entdeckung von Anderen auch gemacht wird, und dass ihm besten Falls einmal später von einem Historiker zuerkannt wird, er habe diess und jenes auch schon gewusst, sei aber nicht im Stande gewesen, seinem Satz Glauben zu verschaffen. Nicht-anerkannt-werden wird von der Nachwelt immer als Mangel an Kraft ausgelegt. - Kurz, man soll der hochmüthigen Vereinsamung nicht so leicht das Wort reden. Es giebt übrigens Ausnahmefälle; aber zumeist sind es unsere Fehler, Schwächen und Narrheiten, welche die Anerkennung unserer grossen Eigenschaften verhindern.