Facta Ficta

vitam impendere vero

Nietzsche thinking

[MA-457]

Sclaven und Arbeiter

Dass wir mehr Werth auf Befriedigung der Eitelkeit, als auf alles übrige Wohlbefinden (Sicherheit, Unterkommen, Vergnügen aller Art) legen, zeigt sich in einem lächerlichen Grade daran, dass jedermann (abgesehen von politischen Gründen) die Aufhebung der Sclaverei wünscht und es auf's Aergste verabscheut, Menschen in diese Lage zu bringen: während jeder sich sagen muss, dass die Sclaven in allen Beziehungen sicherer und glücklicher leben, als der moderne Arbeiter, dass Sclavenarbeit sehr wenig Arbeit im Verhältniss zu der des "Arbeiters" ist. Man protestirt im Namen der "Menschenwürde": das ist aber, schlichter ausgedrückt, jene liebe Eitelkeit, welche das Nicht-gleich-gestelltsein, das Oeffentlich-niedriger-geschätzt-werden, als das härteste Loos empfindet. - Der Cyniker denkt anders darüber, weil er die Ehre verachtet: - und so war Diogenes eine Zeitlang Sclave und Hauslehrer.