[MA-VM-304]
Umsturzgeister und Besitzgeister
Das einzige Mittel gegen den Socialismus, das noch in eurer Macht steht, ist: ihn nicht herauszufordern, das heisst selber mässig und genügsam leben, die Schaustellung jeder Ueppigkeit nach Kräften verhindern und dem Staate zu Hülfe kommen, wenn er alles Ueberflüssige und Luxus-Aehnliche empfindlich mit Steuern belegt. Ihr wollt diess Mittel nicht? Dann, ihr reichen Bürgerlichen, die ihr euch „liberal“ nennt, gesteht es euch nur zu, eure eigene Herzensgesinnung ist es, welche ihr in den Socialisten so furchtbar und bedrohlich findet, in euch selber aber als unvermeidlich gelten lasst, wie als ob sie dort etwas Anderes wäre. Hättet ihr, so wie ihr seid, euer Vermögen und die Sorge um dessen Erhaltung nicht, diese eure Gesinnung würde euch zu Socialisten machen: nur der Besitz unterscheidet zwischen euch und ihnen. Euch müsst ihr zuerst besiegen, wenn ihr irgendwie über die Gegner eures Wohlstandes siegen wollt. — Und wäre jener Wohlstand nur wirklich Wohlbefinden! Er wäre nicht so äusserlich und neidherausfordernd, er wäre mittheilender, wohlwollender, ausgleichender, nachhelfender. Aber das Unächte und Schauspielerische eurer Lebensfreuden, welche mehr im Gefühl des Gegensatzes (dass Andere sie nicht haben und euch beneiden) als im Gefühle der Kraft-Erfüllung und Kraft-Erhöhung liegen — eure Wohnungen, Kleider, Wägen, Schauläden, Gaumen- und Tafel-Erfordernisse, eure lärmende Opern- und Musikbegeisterung, endlich eure Frauen, geformt und gebildet, aber aus unedlem Metall, vergoldet, aber ohne Goldklang, als Schaustücke von euch gewählt, als Schaustücke sich selber gebend: — das sind die giftträgerischen Verbreiter jener Volkskrankheit, welche als socialistische Herzenskrätze sich jetzt immer schneller der Masse mittheilt, aber in euch ihren ersten Sitz und Brüteherd hat. Und wer hielte diese Pest jetzt noch auf? —