Facta Ficta

vitam impendere vero

Nietzsche thinking

[MA-VM-91]

Der Erfolg heiligt die Absichten

Man scheue sich nicht, den Weg zu einer Tugend zu gehen, selbst wenn man deutlich einsieht, dass Nichts als Egoismus — also Nutzen, persönliches Behagen, Furcht, Rücksicht auf Gesundheit, auf Ruf oder Ruhm — die dazu treibenden Motive sind. Man nennt diese Motive unedel und selbstisch: gut, aber wenn sie uns zu einer Tugend, zum Beispiel Entsagung, Pflichttreue, Ordnung, Sparsamkeit, Maass und Mitte anreizen, so höre man ja auf sie, wie auch ihre Beiworte lauten mögen! Erreicht man nämlich Das, wozu sie rufen, so veredelt die erreichte Tugend, vermöge der reinen Luft, die sie athmen lässt, und des seelischen Wohlgefühls, das sie mittheilt, immerfort die ferneren Motive unseres Handelns, und wir thun die selben Handlungen später nicht mehr aus den gleichen gröberen Motiven, welche uns früher dazu führten. — Die Erziehung soll desshalb die Tugenden, so gut es geht, erzwingen, je nach der Natur des Zöglings: die Tugend selber, als die Sonnen- und Sommerluft der Seele, mag dann ihr eigenes Werk daran thun und Reife und Süssigkeit hinzuschenken.