Facta Ficta

vitam impendere vero

Nietzsche thinking

[MA-WS-127]

Gegen die Sprach-Neuerer

In der Sprache neuern oder alterthümeln, das Seltene und Fremdartige vorziehen, auf Reichthum des Wortschatzes anstatt auf Beschränkung trachten, ist immer ein Zeichen des ungereiften oder verderbten Geschmacks. Eine edele Armuth, aber innerhalb des unscheinbaren Besitzes eine meisterliche Freiheit zeichnet die griechischen Künstler der Rede aus: sie wollen weniger haben, als das Volk hat — denn dieses ist am reichsten in Altem und Neuem — aber sie wollen diess Wenige besser haben. Man ist schnell mit dem Aufzählen ihrer Archaismen und Fremdartigkeiten fertig, aber kommt nicht zu Ende im Bewundern, wenn man für die leichte und zarte Art ihres Verkehrs mit dem Alltäglichen und scheinbar längst Verbrauchten in Worten und Wendungen ein gutes Auge hat.