[JGB-238]
Sich im Grundprobleme „Mann und Weib“ zu vergreifen, hier...
Sich im Grundprobleme „Mann und Weib“ zu vergreifen, hier den abgründlichsten Antagonismus und die Nothwendigkeit einer ewig-feindseligen Spannung zu leugnen, hier vielleicht von gleichen Rechten, gleicher Erziehung, gleichen Ansprüchen und Verpflichtungen zu träumen: das ist ein typisches Zeichen von Flachköpfigkeit, und ein Denker, der an dieser gefährlichen Stelle sich flach erwiesen hat — flach im Instinkte! —, darf überhaupt als verdächtig, mehr noch, als verrathen, als aufgedeckt gelten: wahrscheinlich wird er für alle Grundfragen des Lebens, auch des zukünftigen Lebens, zu „kurz“ sein und in keine Tiefe hinunter können. Ein Mann hingegen, der Tiefe hat, in seinem Geiste, wie in seinen Begierden, auch jene Tiefe des Wohlwollens, welche der Strenge und Härte fähig ist, und leicht mit ihnen verwechselt wird, kann über das Weib immer nur orientalisch denken: er muss das Weib als Besitz, als verschliessbares Eigenthum, als etwas zur Dienstbarkeit Vorbestimmtes und in ihr sich Vollendendes fassen, — er muss sich hierin auf die ungeheure Vernunft Asiens, auf Asiens Instinkt-Überlegenheit stellen: wie dies ehemals die Griechen gethan haben, diese besten Erben und Schüler Asiens, welche, wie bekannt, von Homer bis zu den Zeiten des Perikles, mit zunehmender Cultur und Umfänglichkeit an Kraft, Schritt für Schritt auch strenger gegen das Weib, kurz orientalischer geworden sind. Wie nothwendig, wie logisch, wie selbst menschlich-wünschbar dies war: möge man darüber bei sich nachdenken!