[MA-VM-173]
Vor- und Rückblick
Eine Kunst, wie sie aus Homer, Sophokles, Theokrit, Calderon, Racine, Goethe ausströmt, als Ueberschuss einer weisen und harmonischen Lebensführung — das ist das Rechte, nach dem wir endlich greifen lernen, wenn wir selber weiser und harmonischer geworden sind, nicht jene barbarische, wenngleich noch so entzückende Aussprudelung hitziger und bunter Dinge aus einer ungebändigten chaotischen Seele, welche wir früher als Jünglinge unter Kunst verstanden. Es begreift sich aber aus sich selber, dass für gewisse Lebenszeiten eine Kunst der Ueberspannung, der Erregung, des Widerwillens gegen das Geregelte, Eintönige, Einfache, Logische ein nothwendiges Bedürfniss ist, welchem Künstler entsprechen müssen, damit die Seele solcher Lebenszeiten sich nicht auf anderm Wege, durch allerlei Unfug und Unart, entlade. So bedürfen die Jünglinge, wie sie meistens sind, voll, gährend, von Nichts mehr als von der Langenweile gepeinigt, — so bedürfen Frauen, denen eine gute, die Seele füllende Arbeit fehlt, jener Kunst der entzückenden Unordnung: um so heftiger noch entflammt sich ihre Sehnsucht nach einem Genügen ohne Wechsel, einem Glück ohne Betäubung und Rausch.