[MA-WS-286]
Der Werth der Arbeit
Wollte man den Werth der Arbeit darnach bestimmen, wieviel Zeit, Fleiss, guter oder schlechter Wille, Zwang, Erfindsamkeit oder Faulheit, Ehrlichkeit oder Schein darauf verwendet ist, so kann der Werth niemals gerecht sein; denn die ganze Person müsste auf die Wagschale gesetzt werden können, was unmöglich ist. Hier heisst es „Richtet nicht!“ Aber der Ruf nach Gerechtigkeit ist es ja, den wir jetzt von Denen hören, welche mit der Abschätzung der Arbeit unzufrieden sind. Denkt man weiter, so findet man jede Persönlichkeit unverantwortlich für ihr Product, die Arbeit: ein Verdienst ist also niemals daraus abzuleiten, jede Arbeit ist so gut oder schlecht, wie sie bei der und der nothwendigen Constellation von Kräften und Schwächen, Kenntnissen und Begehrungen sein muss. Es steht nicht im Belieben des Arbeiters, ob er arbeitet; auch nicht, wie er arbeitet. Nur die Gesichtspuncte des Nutzens, engere und weitere, haben Werthschätzung der Arbeit geschaffen. Das, was wir jetzt Gerechtigkeit nennen, ist auf diesem Felde sehr wohl am Platz als eine höchst verfeinerte Nützlichkeit, welche nicht auf den Moment nur Rücksicht nimmt und die Gelegenheit ausbeutet, sondern auf Dauerhaftigkeit aller Zustände sinnt, und desshalb auch das Wohl des Arbeiters, seine leibliche und seelische Zufriedenheit in’s Auge fasst, — damit er und seine Nachkommen gut auch für unsere Nachkommen arbeiten und noch auf längere Zeiträume, als das menschliche Einzelleben ist, hinaus zuverlässig werden. Die Ausbeutung des Arbeiters war, wie man jetzt begreift, eine Dummheit, ein Raub-Bau auf Kosten der Zukunft, eine Gefährdung der Gesellschaft. Jetzt hat man fast schon den Krieg: und jedenfalls werden die Kosten, um den Frieden zu erhalten, um Verträge zu schliessen und Vertrauen zu erlangen, nunmehr sehr gross sein, weil die Thorheit der Ausbeutenden sehr gross und langdauernd war.