Facta Ficta

vitam impendere vero

Nietzsche thinking

[MA-WS-280]

Mehr Achtung vor den Wissenden! — Bei der Concurrenz der...

Mehr Achtung vor den Wissenden! — Bei der Concurrenz der Arbeit und der Verkäufer ist das Publicum zum Richter über das Handwerk gemacht: das hat aber keine strenge Sachkenntniss und urtheilt nach dem Scheine der Güte. Folglich wird die Kunst des Scheines (und vielleicht der Geschmack) unter der Herrschaft der Concurrenz steigen, dagegen die Qualität aller Erzeugnisse sich verschlechtern müssen. Folglich wird, wofern nur die Vernunft nicht im Werthe fällt, irgendwann jener Concurrenz ein Ende gemacht werden und ein neues Princip den Sieg über sie davontragen. Nur der Handwerksmeister sollte über das Handwerk urtheilen, und das Publicum abhängig sein vom Glauben an die Person des Urtheilenden und an seine Ehrlichkeit. Demnach keine anonyme Arbeit! Mindestens müsste ein Sachkenner als Bürge derselben dasein und seinen Namen als Pfand einsetzen, wenn der Name des Urhebers fehlt oder klanglos ist. Die Wohlfeilheit eines Werkes ist für den Laien eine andere Art Schein und Trug, da erst die Dauerhaftigkeit entscheidet, dass und inwiefern eine Sache wohlfeil ist; jene aber ist schwer und von dem Laien gar nicht zu beurtheilen. — Also: was Effect auf das Auge macht und wenig kostet, das bekommt jetzt das Uebergewicht, — und das wird natürlich die Maschinenarbeit sein. Hinwiederum begünstigt die Maschine, das heisst die Ursache der grössten Schnelligkeit und Leichtigkeit der Herstellung, auch ihrerseits die verkäuflichste Sorte: sonst ist kein erheblicher Gewinn mit ihr zu machen; sie würde zu wenig gebraucht und zu oft stille stehen. Was aber am verkäuflichsten ist, darüber entscheidet das Publicum, wie gesagt: es muss das Täuschendste sein, das heisst Das, was einmal gut scheint und sodann auch wohlfeil scheint. Also auch auf dem Gebiete der Arbeit muss unser Losungswort sein: „Mehr Achtung vor den Wissenden!“